Gewalt erkennen und nicht wegsehen: „Rosenstraße 76“ wird eröffnet
Gewalt erkennen und nicht wegsehen: „Rosenstraße 76“ wird eröffnet
„Irgendwas stimmte nicht, das habe ich gespürt. Aber was hätte ich tun können, wie hätte ich mich verhalten sollen?“ Wenn es zu Gewalt in Familien kommt, dann merken Freunde, Nachbarn und Bekannte häufig, „dass etwas nicht stimmt.“ Doch oft bleibt es beim unguten Gefühl: „Es ist wichtig, das Schweigen zu durchbrechen, zu hinterfragen und zu wissen, welche Hilfsangebote es gibt“, sagt Pastorin Dorothea Blaffert von der Kleckener Thomaskirchengemeinde. Sie ist Vorsitzende des Vereins Gewalt überwinden, der die interaktive Ausstellung „Rosenstraße 76“ nach Buchholz holen konnte. Sie läuft vom 12. bis 25. November in der Berufsbildenden Schule (BBS) am Sprötzer Weg 33 in Buchholz und setzt sich mit dem Thema „Häusliche Gewalt“ auseinander. Eröffnet wird die Ausstellung am Montag, 12. November, um 17 Uhr mit einem Gastvortrag von Andrea Buskotte vom Landespräventionsrat Niedersachsen.
„Rosenstraße 76“ steht für eine normale Adresse, so wie es sie in vielen Klein- und Großstädten und auf dem Land gibt: „Gewalt ist dabei nicht milieubedingt, es kommt in vielen Familien vor“, weiß Dörthe Heien, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Buchholz und Leiterin der Beratungs- und Interventionsstelle (BISS) im Landkreis Harburg. Dies belegen Zahlen: Nach einer bundesweiten Studie erfährt etwa jede vierte Frau in ihrer Beziehung Gewalt. „Bei der BISS melden sich pro Jahr etwa 250 Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind. Die Dunkelziffer aber ist höher“, sagt Dörthe Heien. In der Ausstellung geht der Besucher durch eine typische Dreizimmer-Wohnung mit Kinderzimmer, Schlaf- und Wohnzimmer, Küche und Bad. Nach außen scheint alles in Ordnung, doch in dieser Wohnung herrscht Gewalt: „Die Besucher können Türen öffnen, in Schränke schauen. Sie finden Hinweise für Gewalt“, sagt Anina Wiggert, Leiterin des AWO Frauenhauses Buchholz. Und: „Betroffene sehen, dass es nicht nur ihnen so geht, sie nicht allein sind und dass es Ansprechpartner und Hilfe gibt.“ „Und Nicht-Betroffene wollen wir stärken, damit sie Signale und Hinweise von Gewalt wahrnehmen, hinterfragen, hellhörig werden und Mut finden, das Schweigen zu durchbrechen“, sagt Dorothea Blaffert. Konzipiert wurde die Ausstellung von der Aktion Brot-für-die-Welt und finanziell unterstützt von der Evangelischen Landeskirche Hannovers.
Hinter dem Verein Gewalt überwinden stehen Vertreter von Kirche, Polizei, Frauenhaus und BISS: „Ziel unserer Arbeit ist es auch, parallel zur Arbeit mit den Opfern auch die Arbeit mit Tätern zu installieren. Etwa durch ein spezielles Training für Täter, damit sich ihr Denken und Handeln verändert und die Familien zusammen bleiben können“, sagt Dorothea Blaffert. Der Verein Gewalt überwinden lädt immer wieder Vertreter von Jugendamt, Amtsgericht, Staatsanwaltschaft und Opferschutzorganisationen wie dem Weißen Ring zum Runden Tisch ein, damit die Zusammenarbeit verbessert wird und Strukturen ineinander greifen können. „Diese Arbeit im Netzwerk ist sehr wichtig“, sagt Dorothea Blaffert.
Viele Schulklassen und Gruppen haben sich für einen Besuch bereits angemeldet, für die zweite Woche gibt es noch freie Zeiten. Jeder Besucher ist gebeten, sich für einen Besuch anzumelden. Ohne Anmeldung ist die Ausstellung nur am Tag der offenen Tür, dem 18. November, von elf bis 16 Uhr zu sehen. „Wir danken dem Möbelhaus Kraft, dass sie uns die Möbel für die Dreizimmer-Wohnung zur Verfügung stellen und aufbauen. Und der BBS dafür, dass sie uns Räume für die Ausstellung bereitgestellt haben“, sagt Dorothea Blaffert.
Das Rahmenprogramm der Ausstellung:
14. November, 20 Uhr in der Birkenschule Buchholz: Holzwurmtheater „Sascha – bis hierhin und nicht weiter“, ein Theaterstück über Missbrauch.
18. November, 11 bis 16 Uhr: Tag der offenen Tür, eine Besichtigung ohne Anmeldung ist möglich, BBS Buchholz, Sprötzer Weg 33.
20. November, 15.30 Uhr: Heimathaus in Jesteburg, Niedersachsenplatz 2 Infoveranstaltung „Häusliche Gewalt“
21. November, 19 Uhr, St. Johannis-Gemeinde Buchholz, Wiesenstr. 25 Gottesdienst mit Abendmahl zum Thema Häusliche Gewalt.
22. November, 19 Uhr in der Cafeteria im Krankenhaus Buchholz
„… aber Signy wußte einen Gegenfluch – Märchen von der Kraft der Frauen“ Erzählerin: Martha Vogelsang, Gitarre: Andreas Bartusch.
Anmeldungen bei Dörthe Heien, Tel. 04181/214760 oder per mail: doerthe.heien(at)buchholz.de
Weitere Informationen unter www.gewaltueberwinden-lkharburg.de